Lauf, 31.07.2018. Weil sie die Fachkraftquote von 50 Prozent nicht mehr decken können, sind immer mehr Pflegeeinrichtungen gezwungen, Pflegebedürftige abzuweisen. Ein Problem, das auch die Seniorenbetreuung und -pflege „bei St. Otto“ in Lauf a. d. Pegnitz beschäftigt. Bei einem Treffen mit der Bundestagsabgeordneten Marlene Mortler diskutierte Geschäftsführerin Kristine Lütke mit der Politikerin über mögliche Lösungsansätze.
Geplant war zwischen Mortler und Lütke, die auch Bundesvorsitzende der Wirtschaftsjunioren Deutschland ist, eigentlich ein allgemeines Kennenlerngespräch zu wirtschaftspolitischen Themen. Als die Personalsituation in Lütkes Pflegeeinrichtung zur Sprache kam, war jedoch schnell klar, wo der Fokus liegen würde. „Früher ist es uns immer gelungen, unsere Personaldecke auch mit Blick auf die Fachkraftquote zuhalten. In einem halben Jahr mussten wir vielleicht fünf Pflegefälle ablehnen. Heute sind es mindestens so viele Fälle pro Tag“, erklärte die Geschäftsführerin. Dabei seien von den 68 Pflegeplätzen im „bei St. Otto“ nur 57 Plätze belegt.
Für Lütke ist diese Situation sowohl wirtschaftlich als auch menschlich schwierig. „Vor mir stehen täglich Angehörige, die weder ein noch aus wissen. Ich muss ihnen dann sagen, dass ich ihnen nicht helfen kann. Und meine Einrichtung ist leider kein Einzelfall in Bayern.“ Seit November schreibt die studierte Gerontologin bereits ihre offenen Stellen aus – ohne Erfolg. Um die Personalsituation zu verbessern, arbeitet „bei St. Otto“ an einer Werbekampagne und bildet selbst aus.
Interessant sind laut Lütke auch digitale Technologien wie kleine Pflege-Roboter. Über das Smartphone lassen sich Vitalwerte messen und überwachen. „Damit alleine können wir aber unsere Fachkräftelücke kaum decken. Hier muss die Politik schnell tätig werden“, sagte Lütke. Einen Ansatzpunkt sieht sie in der leichteren Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, denn Pflegefachkräfte werden in Deutschland oftmals nicht als Fachkräfte anerkannt. Wer sich um eine Anerkennung bemüht, könne sich auf lange Verfahren und viel Bürokratie einstellen, betonte Lütke. „Diese müssen dringend vereinfacht und verkürzt werden.“ Außerdem seien insbesondere für die Kurzzeitpflege, aber auch in Notsituationen flexiblere Regelungen bei der Fachkraftquote gefragt.
Mortler erklärte, dass die Politik hier vor großen Aufgaben stehe: „Wir wissen, dass wir immer mehr Pflegebedürftige haben werden. Das lässt sich nicht umkehren. Deshalb müssen wir jetzt entschieden handeln“, so die Politikerin. Sie verwies auf die Konzertierte Aktion Pflege, die das Bundesgesundheits-, das Bundesfamilien- und das Bundesarbeitsministerium im Juli gestartet haben. Ziel ist, die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern, die Pflegekräfte zu entlasten und die Ausbildung zu stärken. Innerhalb kürzester Zeit sollen dazu konkrete Maßnahmen erarbeitet werden. Mortler sagte Lütke zu, die drei beteiligten Ministerien persönlich über die Situation ihrer und vieler weiterer Pflegeeinrichtungen zu informieren.