Brüssel, 22.07.2019. Am Dienstag, den 23. Juli, wird Kommissar Philip Hogan den Landwirtschaftsausschuss COMAGRI über das EU-Freihandelsabkommen mit dem Mercosur informieren. Anfang Juli hatte die Europäische Kommission verkündet, dass die Verhandlungen hierzu abgeschlossen seien. Nach Auffassung des COMAGRI sind jedoch einige Fragen offengeblieben. Bereits vor Abschluss des Abkommens hatte der Ausschuss immer wieder Vorbehalte geäußert. In der morgigen Sitzung wird der Ausschuss über das Abkommen beraten.
Marlene Mortler (CSU/EVP) sieht das aktuelle Ergebnis durchaus kritisch: „Das ausgehandelte EU-Mercosur-Abkommen trifft die europäische Landwirtschaft sehr hart. Die Vereinbarung geht zu Lasten der europäischen Bäuerinnen und Bauern. Die Zugeständnisse der EU im Bereich Rindfleisch, Geflügel und Zucker sind eindeutig zu hoch und können so nicht akzeptiert werden. Der Agrarausschuss im Europäischen Parlament steht dieser Vereinbarung ablehnend gegenüber.“
Peter Jahr (CDU/EVP) sieht noch Aufklärungsbedarf seitens der Kommission: „Wir müssen unsere europäische Landwirtschaft mit ihren nachhaltig produzierenden Unternehmen vor Wettbewerbsverzerrungen schützen und nicht auf dem Altar des Freihandels opfern. Beispielsweise muss geklärt werden, wie man bei all den landwirtschaftlichen Importen aus den Mercosur-Ländern unsere europäischen Qualitätsstandards einhält. Außerdem erwarte ich bei einem solch großangelegtem Abkommen Ausgleichszahlungen für unsere Landwirte.“
„Wer immer höhere Standards im eigenen Land und in Europa einfordert, beschließt und gleichzeitig dieses Mercosur-Abkommen begrüßt, verspielt Vertrauen und setzt damit die Glaubwürdigkeit aufs Spiel“, fasst Mortler abschließend zusammen.
Freihandelsabkommen mit dem Mercosur
Die EU und der südamerikanische Staatenbund Mercosur, dem die Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay angehören, haben sich am 28. Juni 2019 auf ein umfassendes Freihandelsabkommen geeinigt. Bereits seit 20 Jahren verhandeln die EU und der Mercosur über eine entsprechende Vereinbarung. Diese soll einen schrittweisen Wegfall der Zölle auf Produkte, die nach Südamerika exportiert bzw. in die EU importiert werden, ermöglichen. Der Mercosur exportiert hauptsächlich Agrarprodukte und Rohstoffe, während die EU vor allem Maschinen und Chemikalien nach Südamerika liefert.
Vor allem der landwirtschaftliche Sektor betrachtet das Abkommen äußerst kritisch. So wird kritisiert, dass die Zukunft vieler bäuerlicher Familienbetriebe, die unter hohen europäischen Standards wirtschaften, gefährdet würde. Zudem stehen die Mercosur-Länder in der Kritik, ihre landwirtschaftliche Produktionsfläche zu Lasten des Regenwaldes auszudehnen – und damit die internationalen EU-Nachhaltigkeitsziele zu konterkarieren.
Bevor das Abkommen wirksam werden kann, muss es in den nationalen Parlamenten aller 28 Mitgliedstaaten ratifiziert und auch im Europäischen Parlament zur Debatte gestellt werden. Ein Inkrafttreten wird daher frühestens Ende des Jahres 2020 möglich sein.